Menschen und ihre Leistungen- Impulse für unsere Zukunft:

Im Gespräch mit Sabine Herlitschka zu den Themen „Klimaschutz, Energie, Katastrophenvorsorge“

Sabine Herlitschka
Sabine HerlitschkaVorstandsvorsitzende der Infineon Technologies Austria AG

© Infineon Technologies Austria AG

Mein persönlicher Zugang zum Thema?

Der Klimawandel, der Ressourcenverbrauch und die Energiewende sind im buchstäblichen Sinn Lebensfragen, sogar Über-Lebensfragen. Sie prägen die Zukunft unserer Gesellschaft und unseres Planeten. Die Frage ist, wie wir mit mehr Nachhaltigkeit leben und was wir den nächsten Generationen hinterlassen wollen. Wir schaffen jetzt also in jedem Fall – mit unserem Tun aber auch unserem Nicht-Tun – die Basis für die Zukunft unserer Kinder und Enkel.

Klima ist ein weltweites Thema. Haben wir da Hoffnung auf Lösungen?

Klar ist, dass sich globale Herausforderungen wie die Klimakrise nicht im Alleingang lösen lassen. In einer nachhaltigen und zunehmend digitalen Welt, werden speziell auch die Themen wie Energieverfügbarkeit, Energiemanagement und Energieeffizienz entscheidend. Diese Transformation wird damit zu einer Aufgabe, zu der jeder einen Beitrag leisten kann – die Gesellschaft, die Politik, die Wirtschaft aber auch jeder in seinem unmittelbaren Umfeld.

Was nützen Bemühungen von Einzelpersonen? Macht das überhaupt Sinn?

Natürlich, ich denke, es braucht ein Tun auf allen Ebenen. Es hilft schon sich bewusst zu machen, wie wir Energie nutzen, welche Produkte eine hohe Energieeffizienz haben, Energie sparen und den C02 Ausstoß minimieren. Ein Beispiel: Wer eine herkömmliche Glühbirne durch eine LED Lampe ersetzt, verbraucht 25 Prozent weniger Energie und reduziert damit den C02-Ausstoß. Oder mit Leistungshalbleitern, wie wir sie bei Infineon anbieten, können wir den Energieverbrauch von Kühlschränken um 40 Prozent reduzieren. Energielabel bieten hier eine gute Orientierung. Auch bei der Nutzung umweltgerechter Mobilität, Stichwort Elektroauto, oder beim Sonnenstrom liegen noch viele Potenziale für ein verantwortungsvolles Handeln. Die „Gesellschaft“, der „Staat“ – das sind Konstrukte. Am Ende sind es immer einzelne Menschen, die Entscheidungen treffen, handeln und damit auch ein Stück Verantwortung übernehmen. Ein Staat kann nicht entscheiden, Menschen entscheiden.

Was sollen Österreich und die EU tun? Sind wir am richtigen Weg?

In Österreich ist die Investitionsprämie in Richtung Digitalisierung und Nachhaltigkeit ein Erfolgsmodell. Gerade wegen der Bedeutung des öffentlichen Verkehrs ist das  Klimaticket für den öffentlichen Verkehr ein wichtiger Meilenstein.  Auf europäischer Ebene gibt es mit dem Recovery Plan und dem Green-Deal zudem exzellente Möglichkeiten, echte Klimainnovationen umzusetzen. All diese Maßnahmen fördern nachhaltiges Wirtschaften, schaffen neue zukunftsweisende Arbeitsplätze und verbessern den ökologischen Fußabdruck in Österreich und in Europa. Ideen und Ansätze sind schon viele da – schnelle und konsequente Umsetzung ist das Gebot der Stunde.

Was ist die Energie der Zukunft? Wasserstoff? Sonne? Batterieelektrik?

Es wird wohl ein hoffentlich möglichst intelligenter Mix werden – sowohl was die Energiequellen als auch die Energieträger betrifft. Aber die Energie der Zukunft nachhaltig zu produzieren ist ein Teil, der andere ist es sparsam damit umzugehen. Und diese Aufgabe ist heute schon glasklar. Daher ist die effiziente Nutzung der Energie, die uns heute schon zur Verfügung steht DER Hebel um die Klimaziele zu erreichen. Effizienz ist unsere größte Energieressource. Bisher gehen rund 75 Prozent der Energie von der Erzeugung, über den Transport bis zum Verbrauch verloren. Deshalb ist es so wichtig, die Effizienz in allen Bereichen der Stromerzeugung, über den Stromtransport bis hin zum Stromverbrauch zu steigern.  Es zählt jeder Prozentpunkt, den wir zusätzlich ermöglichen können. Wenn wir smarte Technologien wie die Leistungselektronik mit der erneuerbaren Energieerzeugung koppeln, können wir diese Energie nutzen und gleichzeitig den Stromverbrauch deutlich senken. Die Leistungselektronik, ermöglicht Strom intelligent und verlustarm zu schalten. Das ist der Kern unserer Tätigkeit bei Infineon in Österreich. Mit den Energiespar-Chips, die wir hier entwickeln und produzieren, zeigen wir, wie mit intelligenten Technologien, konkrete und vor allem signifikante Antworten auf die Klimakrise und die Energiewende geben.

Werden Katastrophen zunehmen? Wie können wir vorsorgen?

Gerade Krisen, wie eben auch die Pandemie, zeigen, was alles möglich und welche Handlungschancen wir auch haben. Ich denke da speziell an die rasche Entwicklung des Impfstoffes. Die Rolle der Forschung, Innovation und Kooperation wurde insbesondere in dieser Situation für alle spürbar. Ich sehe diese Fähigkeit für ein gemeinsames Ziel zusammenzuarbeiten und die Kraft der Kooperation zu nutzen, als zentrale Kompetenzen für Organisationen und Gesellschaften. Lernfähigkeit ist die Basis von Resilienz. Insofern sind Krisen auch Zeiten, um mutig große Themen wie den Klimawandel anzugehen. Im Sinne der Aussage „Never waste a serious crisis“, müssen wir dies in Richtung Nachhaltigkeit und intelligenter Umwelt- und Energietechnologien jetzt umsetzen.

Was können Technik und Naturwissenschaft beitragen? Sehen wir es als Thema von Entwicklung oder Verzicht?

Zunächst sollten wir in unseren Köpfen aufräumen und den Gegensatz von Technologie versus Einschränkung entsorgen. Die Diskussion ist unsinnig und Zeitverschwendung. Jede relevante Technologie hat in der Vergangenheit Verhalten verändert. Wir werden mit anderen Technologien leben und wir werden damit anders umgehen. Mit Technik und Naturwissenschaften können wir also einen großen Teil beitragen. Ich bin überzeugt, dass wir durch digitale Technologien aus weniger mehr machen können, um der wachsenden Zahl an Menschen auf diesem Planeten ein gutes, sicheres und auch „grüneres“ Leben zu ermöglichen. Allein unsere Energiesparchips, die wir hier am Infineon Standort Österreich im letzten Jahr entwickelt und produziert haben, tragen in den Anwendungen dazu bei rund 9 Millionen Tonnen C02-Äquivalente einzusparen. Das entspricht in etwa rund 60 Prozent der jährlichen PKW-Emissionen in Österreich, also ganz schön viel. Wir nutzen auch selbst digitale Technologien um effizienter, ressourcenschonender zu werden. Sparen Energie ein, nutzen die Abwärme zur Wärmeversorgung.   Im Sinne einer intelligenten Kreislaufwirtschaft arbeiten wir daran, grünen Wasserstoff vor Ort herzustellen und ihn nach der Nutzung in der Mikrochip-Produktion für den Antrieb des öffentlichen Verkehrs bereitzustellen. Damit schließt sich der Kreis: Vom nachhaltigen Strom zur nachhaltigen Mobilität. Und mit dem betrieblichen Programm „Green Way“ haben wir eine interne Initiative, die umweltgerechte Mobilität und nachhaltiges Handeln aufzeigt und fördert. Insofern zeigt es worum es eigentlich geht: Es geht um den Mut zur Veränderung und den Willen zur Umsetzung. Denn es wird für uns nur eine nachhaltige Zukunft geben. Jede andere findet letztlich ohne uns statt.