Menschen und ihre Leistungen- Impulse für unsere Zukunft:

Im Gespräch mit Claudia und Doris Link zu den Themen „Klimaschutz, Energie, Katastrophenvorsorge“

Claudia Link
Claudia LinkStudiengangsleiterin Bauingenieurwesen- Baumanagement an der FH Campus Wien

Persönlicher Zugang

Selbstverständlich beschäftigt uns diese Thematik; einerseits als Privatpersonen, die Sorge um Ihre Nachkommen haben, andererseits aber auch aus unserer beruflichen Rolle. Als eine der zentralen Herausforderungen betrachten wir das Erkennen von Zukunftstrends, die wir bestmöglich in die Curricula unserer Studiengänge an der FH Campus Wien aufzunehmen versuchen. Auf diese Weise wollen wir unseren Beitrag leisten, indem wir unsere Studierenden der Architektur und des Bauingenieurwesens in der Ausbildung in Bezug auf diese Sachverhalte sensibilisieren. Dies ist umso bedeutender, weil ja die Bauwirtschaft in Summe an die 30% der Erdressourcen verbraucht. Themen wie Ressourcenschonung und Kreislaufwirtschaft, Energieverbrauch und Energieerzeugung, Katastrophenschutz und Katastrophenvorsorge, Lebenszyklusplanung von Bauten und Anlagen sind daher nicht nur Schlagworte für uns.

Klima ist ein weltweites Thema. Haben wir da Hoffnung auf Lösungen?

Klimatische Veränderungen sind extrem langfristige Prozesse, umso mehr sollten wir alle sofort überzeugende Maßnahmen setzen. Dabei ist die Balance zwischen Wettbewerb und Zusammenarbeit weltweit zu suchen. Informationsaustausch und gemeinsames Vorgehen dürfen allerdings nicht durch vorrangiges Gewinnstreben behindert werden. Wir brauchen dazu völlig neue Wege, Innovationen zu vernetzen. Ein gutes Beispiel dafür ist ein Ideenwettbewerb für den Ersatz eines Kohlekraftwerks in Helsinki. Zweihundert Beiträge für eine klimaneutrale Energieversorgung sind hier eingegangen, aus denen konkrete Lösungen entwickelt wurden. (Helsinkis Klima-„Moonshot“, Die Presse, 19.10.2021)

Doris Link
Doris LinkDepartmentleiterin Bauen und Gestalten, Studiengangsleiterin Masterstudium Bauingenieurwesen - Baumanagement an der FH Campus Wien

Eine Frage ist in diesem Zusammenhang aber grundsätzlich zu stellen: Was ist die ideale Temperatur unseres Planeten? Wir haben doch schon kältere und wärmere Phasen in der Erdgeschichte erlebt.

Natürlich haben wir Hoffnung auf Lösungen, denn die Hoffnung stirbt zuletzt. Hoffnung ist aber wahrscheinlich das falsche Wort, denn zu hoffen allein bewirkt gar nichts. Es gilt zu handeln, denn es kommen massive Probleme auf uns alle zu, die dringend sofortiges radikales Handeln und Umdenken erfordern.

Wenn man liest, dass allein in China ca. 400 Kohlekraftwerke projektiert sind, weltweit sogar an die 500, kann man die Dringlichkeit des Problems ermessen. Die einen können nicht argumentieren, jene sollen das alles finanzieren, die sich auf Kosten der anderen schon lange entwickelt haben. Die anderen können nicht argumentieren, dass sie sich freikaufen, indem sie Müll, wie z.B. Autoreifen nach Afrika verschiffen, wo sie kostengünstig umweltschädlich verbrannt werden. Wenn schon, dann müssen wir es uns leisten, saubere, teure Prozesse zu Hause einzusetzen.

In jedem Fall brauchen wir globale Maßnahmen und technologische Quantensprünge zur Speicherung von Energie, zur Neutralisierung radioaktiver Materialien und zur Produktion und zum Einsatz von Wasserstoff. Wohl wissend, dass wir derzeit auf viele anstehende Probleme nicht vorbereitet sind. So macht die zeitliche und räumliche Trennung von Energieproduzenten und -verbrauchern unsere Versorgungsnetze hoch volatil und birgt die Gefahr von Blackouts in sich.

Ebenso problematisch ist die nicht gelöste Entsorgung oder Weiterverwertung radioaktiver Materialien, die unserer Meinung nach eine sinnvolle Nutzung der Atomkraft ausschließt.

Die Produktion von Wasserstoff wiederum ist derzeit nicht nur sehr teuer, sondern verursacht auch einen enormen Energiebedarf.

Für all diese ungelösten Problemfelder brauchen wir noch mehr gezielte Mittel für Forschung und Entwicklung. Dann könnten auch wir an den FHs diesbezüglich noch mehr beitragen.

Positive Beispiele für konkrete Lösungen gibt es bereits. So beschäftigt sich ein FFG-gefördertes Forschungsprojekt unseres Departments Bauen & Gestalten an der FH Campus Wien in Kooperation mit der Zementindustrie damit, das bei der Zementherstellung ausgestoßene CO2 in Recyclingbeton zu binden. Dieser Prozess funktioniert bereits im Labor und hat ein hohes Entwicklungspotential.

Karbonatisierungstiefe

Auch beim Ozonloch ist es gelungen, durch Reduktion der Treibhausgase eine Umkehr des Trends herbeizuführen, sodass die berechtigte Hoffnung besteht, das Ozonloch gänzlich zu schließen.

Diese Beispiele zeigen, dass es Lösungswege gibt, aber letztlich ist in erster Linie die Politik gefordert, die hierfür erforderlichen Bewusstseinsveränderungen bei den Menschen herbeizuführen bzw. Reglements umzusetzen.

Was nützen Bemühungen von Einzelpersonen? Hat das überhaupt einen Sinn?

„Auch die kleinsten Staubkörner ergeben eine Staubschicht“. Dieser Vergleich zeigt, dass wir alle unseren Beitrag leisten können. Jede noch so kleine Aktion ist ein kleiner Mosaikstein, der wertvoll ist. So ist bei den Jugendlichen bereits eine Veränderung im Konsum- und Mobilitätsverhalten zu bemerken. Wir spüren das auch an der FH, gehen doch die Diplomarbeitsthemen zunehmend in diese Richtung. Eine diesbezügliche Sensibilisierung sollte aber bereits im Elternhaus und im Kindergarten beginnen. Allerdings stehen massive wirtschaftliche Interessen diesen Bewusstseinsänderungen entgegen, die Sozialverträglichkeit ist oft nicht gegeben und die erforderlichen Entwicklungen und die Finanzierung entsprechender Maßnahmen sind nicht einfach. Dieses Konfliktdreieck kann wohl nur übergeordnet, z.B. durch die Politik, gelöst werden.

Es ist zu klären, wer die erforderlichen Innovationen schafft und wer die Gewinne daraus lukriert? Das sind zentrale Fragen, die immer wieder aufs Neue konsensual zu lösen sind.

Was sollen Österreich und die EU tun? Sind wir am richtigen Weg?

Grundsätzlich sind wir in Österreich und in der EU am richtigen Weg, aber immer noch zu langsam. Die nordischen Länder agieren hier etwas vorbildlicher. Mit der Vorbildwirkung ist es aber nicht immer einfach. Österreich hat zwar frühzeitig eine Entscheidung gegen Atomkraftwerke getroffen, allerdings ist uns kein weiteres Land der Welt gefolgt. Wir können uns zwar moralisch überlegen fühlen, haben aber in der Sache nicht viel gewonnen.

Was ist die Energie der Zukunft? – Wasserstoff? Sonne und Wind? Nuklear? Sonstige?

Wasser, Wind und Sonne sind die Energiequellen der Zukunft, aber ohne die Lösung der Energiespeicherung bleibt die Gefahr der Netzüberlastung aufrecht. Atomenergie kann keine Lösung sein, solange die Neutralisierung radioaktiven Materials nicht gelingt.

Werden Katastrophen zunehmen? Wie können wir vorsorgen?

Offensichtlich nehmen die Katastrophen zu, aber die Klimatologen vertreten bezüglich der Ursachen immer noch sehr kontroversielle Ansichten. Fakt ist allerdings, dass die Menschen den Naturraum massiv verändert haben und wir deshalb danach trachten müssen, festgestellte Ursachen für Naturkatastrophen zu beseitigen und nicht nur deren Wirkung zu minimieren.

Was können Technik und Naturwissenschaft beitragen? Sehen wir es als Thema von Entwicklung oder Verzicht?

Die Bauwirtschaft kann sehr vieles dazu beitragen. Derzeit wird in den Medien das Thema der Bodenversiegelung sehr kontroversiell erörtert. In einer Diskussion in den letzten Tagen wurde davon gesprochen, dass sie sich in Österreich in den vergangenen zehn Jahren verzehnfacht hat. Auch die Bauwirtschaft ist hier gefordert konstruktive Alternativen zu entwickeln, genauso wie beim Klimaschutz, bei der Energie und bei der Katastrophenvorsorge, in Wissenschaft und Praxis.

Entwicklung oder Verzicht ist nicht die Frage. Es braucht beides. Entscheidend wird es aber sein, die Konsequenzen, die sich daraus ergeben, positiv zu sehen und zu nützen und nicht als Verzicht zu verstehen. Eine neue Art zu leben und dabei den Planeten zu schonen und zu erhalten, kann man nur als reinen Gewinn sehen.