Menschen und ihre Leistungen- Impulse für unsere Zukunft:

Im Gespräch mit Hans Sünkel zu den Themen „Klimaschutz, Energie, Katastrophenvorsorge“

Hans Sünkel
Hans SünkelGeodät und ehemaliger Rektor der TU Graz

©Frankl -TU Graz

Diese drei eng verwandten Themen sind extrem komplex, hoch dynamisch, von brisanter Aktualität und sie bedingen einander, sowohl in den Ursachen als auch bei den Lösungen. Was wir in Nordamerika, Deutschland und Österreich in diesen Sommertagen 2021 erleben, tangiert die gesamte globale Gesellschaft. Die Themen: breit interdisziplinär, weit über Technik und Naturwissenschaften hinaus. Sie erfordern wissenschaftliche Befassung, technologische Entwicklung, politische Führung und gesellschaftliche Willensbildung. Als ehemaliger Rektor der TU Graz ist mir das sehr bewusst; seit Jahren sind diese Themen hier präsent.

Die Klimaveränderungen der letzten Jahrzehnte sind dramatisch und in der Form erdgeschichtlich einzigartig. Nur globale Maßnahmen können das sensible, komplexe und dynamische System Erde wieder ins Gleichgewicht bringen, wobei das Pariser Abkommen erst einmal eingehalten werden muss. Es ist kein Thema der Armen, sondern der Reichen, der weltweiten Leistungsgesellschaft. Sie muss konsequent global handeln. Wir müssen manche Verhaltensmuster über Bord werfen. In unserer Konsumgesellschaft muss nicht alles überall und jederzeit zur Verfügung stehen und quer über den Globus transportiert werden!

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©Prof. Johan Rockström

Die Hoffnung stirbt zuletzt. Mutige Signale wie jene der EU-Kommission lassen diese leben. Dabei ist es besonders wichtig, dass Einzelne als Vorbilder und Multiplikatoren wirken, insbesondere Persönlichkeiten in Leitungsfunktionen. Der Effekt dieser Vorbildwirkung ist nicht zu unterschätzen. Das gilt auch für Fehlverhalten.

Das Klimafreundliche muss deutlich belohnt werden, Klimafeindliches konsequent bestraft. Dahin müssen wir den politischen Rahmen noch dramatisch ändern. Natürlich spielen die großen CO2-Emittenten wie China, USA und ein paar andere eine zentrale Rolle, aber auch das kleine, reiche Österreich mit nur einem Promille der Weltbevölkerung muss Vorbild sein.

Es geht um den weltweiten CO2-Ausstoss. Wir müssen rasch von der fossilen Energie wegkommen, die immer noch 84% des weltweiten Energieverbrauchs ausmacht. Wir brauchen einen neuen Mix aus technischer Entwicklung und wirtschaftlicher Umsetzung.

In fernerer Zukunft könnte der Wasserstoff eine Lösung bieten: an der Küste, am Meer produziert, durch photovoltaische Spaltung von ozeanischem Wasser, und mit Schiffen transportierbar. Das wäre eine mögliche radikale Entwicklung. Von einer zweiten möglichen radikalen Entwicklung, von der Kernfusion, an der seit Jahrzehnten geforscht und entwickelt wird, sind wir immer noch sehr weit entfernt.

Die exponentielle Zunahme der Katastrophen durch den Klimawandel ist evident. Dem müssen wir proaktiv und prinzipiell begegnen: nicht den Schutt wegräumen, sondern die Ursachen verhindern.

Vernünftiger Verzicht ist ein wesentlicher Beitrag zur Verhinderung der Ursachen. Auf vieles lässt sich ohne große Einbußen für unsere Lebensqualität verzichten. Flugreisen, Kreuzfahrten, Lebensmittel aus anderen Kontinenten sind nur ein paar konkrete Beispiele …

Buchtipps:

H.J. Schellnhuber: „Selbstverbrennung – Die fatale Dreiecksbeziehung zwischen Klima, Mensch und Kohlenstoff“, ISBN: 978-3-570-10262-6.

S. Rahmstorf und H.J. Schellnhuber: „Der Klimawandel: Diagnose, Prognose, Therapie“, ISBN-13: 978-3406743764.

A.B. Pittock: „World in Transition 3: Towards Sustainable Energy Systems“, ISBN-13: 978-1853838828.