Grüner Schutzschirm für Gebäude: Beitrag von Dach- und Fassadenbegrünung zum Energiehaushalt von Gebäuden

Bernhard Scharf & Rosemarie Stangl (Universität für Bodenkultur Wien)

Städte in Europa und weltweit wachsen kontinuierlich. Gleichzeitig bringt der Klimawandel höhere Temperaturen innerhalb und außerhalb des urbanen Raumes mit sich. Auf Grund des hohen Versiegelungsgrads, der Wärmespeicherung in Straßen und Gebäuden sowie eingeschränkter Durchlüftung werden für Städte heißere Szenarien als im globalen Durchschnitt prognostiziert. Hitzeinseln und Tropennächte sind die Folgen.

Die Wissenschaft beschäftigt sich schon lange mit der Thematik der urbanen Energiebilanz und Möglichkeiten, diese positiv im Sinne einer verbesserten Klimaresilienz zu beeinflussen. Zahlreiche Richtlinien zur Anpassung von Städten an den Klimawandel heben Grüne Infrastrukturen als wirksame Möglichkeit zur Verbesserung des Mikro- und Stadtklimas hervor. Dies ist den einzigartigen Eigenschaften von Pflanzen geschuldet, die sich nicht erhitzen, wenn sie Sonneneinstrahlung ausgesetzt sind. Im Gegenteil, sie kühlen sich und ihre Umgebung mit Hilfe der Verdunstungskälte, die bei der Evapotranspiration entsteht.

Verhalten urbaner Materialien bei Sonneneinstrahlung: durch Grünflächen erhöht sich der latente Wärmeanteil (durch Verdunstung) gegenüber dem sensiblen Wärmeanteil (fühl- bzw. messbare Wärme).
Verhalten urbaner Materialien bei Sonneneinstrahlung: durch Grünflächen erhöht sich der latente Wärmeanteil (durch Verdunstung) gegenüber dem sensiblen Wärmeanteil (fühl- bzw. messbare Wärme). ©Scharf, 2020

Dieser Beitrag zeigt Wirkungen und Leistungen von Bauwerksbegrünungen (Gründächer und -fassaden bzw. Living Walls) in Hinblick auf energetisch relevante Prozesse auf. Die Kühlleistung einer Living Wall in Wien mit 850 m2 Größe entspricht mit über 2.000 kWh beispielsweise jener von 66 Kühlgeräten in 12 Stunden. Dabei bleibt die Temperatur der Pflanzen stets unter der Lufttemperatur, der Wärmestrom ins Gebäude wird reduziert. So erwärmt sich eine Dachabdichtung unter Blech auf bis zu 70 °C, während unter Gründächern maximal Lufttemperatur anliegt. Der gleiche Effekt konnte auch für Grünfassaden beobachtet werden.

Dies schont die Gebäudehülle und verlängert ihre Lebensdauer. Pflanzenbewuchs und Bauwerksbegrünungen können gezielt als Schutzschirm für Gebäude und Städte und damit für die Regulierung von Mikroklima und Energiehaushalt eingesetzt werden.