ENERGIE SYSTEM ANALYSE

Herausforderungen für digitale Werkzeuge zur Transformation urbaner Energiesysteme

Thomas Mach, Hermann Edtmayer, Gerald Schweiger, Michael Monsberger, Lisa-Marie Fochler & Richard Heimrath (TU Graz)

Energiesystemanalyse Stadtquartier
Die Energiesystemanalyse von Stadtquartieren ist zurzeit in der Lage, urbane Einheiten von mehreren tausend Gebäuden, gemeinsam mit ihrer energietechnischen Versorgungsstruktur und deren Energiequellen in einem dynamischen Simulationsmodell abzubilden. ©Institut für Wärmetechnik, TU Graz
Der Klimawandel ist voll im Gang und verlangt, innerhalb der nächsten zwei Dekaden, von urbanen Energiesystemen die Umstellung auf eine treibhausgasemissionsneutrale Energieversorgung. Die dazugehörigen Konzepte, die verstärkte Verschränkung der Sektoren Wärme, Strom und Gas, die laufend steigende Volatilität der Energiebereitstellung durch Einspeisung von Sonnen- und Windenergie, die intensive Nutzung dezentraler, lokaler Energiequellen und der Druck zur Effizienzsteigerung im Betrieb, bringen eine massive Komplexitätssteigerung mit sich. Dazu kommen Maßnahmen zur Klimawandelanpassung, die dem steigenden Kühlbedarf der Gebäude und Veränderungen des urbanen Mikroklimas entgegentreten. Dies verlangt wiederum nach digitalen Werkzeugen, die in der Lage sind, die Planung und den Betrieb derart komplexer Systeme zu ermöglichen.
Die angewandte Forschung an der TU Graz hat dazu in den letzten Jahren zahlreiche disziplinäre Ansätze, Methoden und Werkzeuge entwickelt, die jeweils unterschiedlichste Einzelaspekte dieser Aufgabenstellung abdecken.

Im vorliegenden Beitrag wird nun die Frage gestellt, welche Anforderungen ein umfassendes digitales Werkzeug zur Energiesystemanalyse von Quartieren und Städten erfüllen müsste. Dazu werden die Hintergründe von sieben Anforderungen hergeleitet und diskutiert.

Das dabei entstandene Anforderungsprofil lässt sich durch die folgenden Begriffe beschreiben:
intersektoral
: Das Verknüpfen der thermischen, elektrischen und chemischen Modelle ermöglicht eine integrale Betrachtung gesamter Energiesysteme unter der Berücksichtigung von Wärme, Elektrizität und Gas.


instationär
: Die Abbildung des zeitlich hoch aufgelösten und realitätsnahen Betriebsverhaltens eröffnet die Möglichkeit, unterschiedliche Betriebsweisen vorab zu testen und regelungstechnische Szenarien zu entwickeln.

interaktiv: Die Berücksichtigung der Energie-Bereitstellungskette von der Umwandlung bis zum Verbrauch ermöglicht die Analyse der Bereitstellungskomponenten und deren dynamische Wechselwirkung.


intermodular
: Die Kombinationsfähigkeit von Teilmodellen unterschiedlicher Detaillierungsgrade ermöglicht die durchgehende Begleitung eines Planungsprozesses von der Entwurfsphase bis zum Monitoring des Betriebsverhaltens.


interoperabel
: Die Etablierung über fachdisziplinäre Grenzen austauschbarer Datenmodelle beschleunigt die Modellerstellung, reduziert die Fehleranfälligkeit und harmonisiert die fachdisziplinären Annahmen.


intelligent
: Die Nutzung der Methoden des Machine-Learnings ermöglicht es, reale Energiesysteme mit deren digitalen Zwillingen zu verbinden und selbstlernende Diagnose- und Optimierungsroutinen durchzuführen.


interdisziplinär
: Eine mit den Kompetenzen mehrerer zusammenarbeitender Fachrichtungen ausgestattete und praxisbezogene Entwicklungsumgebung sichert Qualität und Einsetzbarkeit.