Vom Parkhaus zum multifunktionalen Wohnraum
Architektur neu gedacht: Bestehendes weiterentwickeln statt abreißen
Lesedauer: 4 Minuten
Text: ÖIAV Redaktion, Bilder: Maximilian Beck & Eduardo Mijailovic
Wie kann bestehende Bausubstanz in lebenswerte Wohn- und Aufenthaltsräume umgewandelt werden?
Diese Frage stellten sich Maximilian Beck und Eduardo Mijailovic in ihrer Diplomarbeit small City, die beim renommierten INA Award 2024 als herausragendes Konzept für nachhaltige Stadtentwicklung ausgezeichnet wurde.
Ihr Ansatz zeigt, wie ein Parkhaus in Wien-Spittelau zu einem dynamischen, multifunktionalen Wohnraum transformiert werden kann – mit clever durchdachten Wohnkonzepten, nachhaltigem Bauen und einer neuen Art des städtischen Zusammenlebens.
Ein Parkhaus wird zur Stadt in der Stadt

Mit dem wachsenden Wohnraummangel in Städten gewinnen alternative Nutzungskonzepte an Bedeutung. Statt neue Flächen zu versiegeln, fokussieren sich moderne Architekturprojekte zunehmend auf die Umnutzung bestehender Gebäude. Das Parkhaus in Spittelau bot die perfekte Ausgangslage: eine massive Betonstruktur, modular erweiterbar, mit optimaler Anbindung an den öffentlichen Verkehr.
Die Vision: Das Gebäude in verschiedene Funktionsbereiche zu unterteilen, die das urbane Leben abbilden – vom Einkaufen über Sport bis hin zum Wohnen und Urban Farming.
Die Raumaufteilung folgt einem durchdachten Konzept:
- Parken & Mobilität (EG): Parkflächen für Bewohner*innen, Elektro-Ladestationen und Carsharing-Angebote.
- Einkaufsbereich (1. OG): Kleine Shops für den täglichen Bedarf, nachhaltig betrieben und für die Öffentlichkeit zugänglich.
- Fitness & Gemeinschaft (2. & 3. OG): Ein modernes Fitnessstudio, Begegnungszonen und Coworking-Spaces fördern soziale Interaktion.
- Wohnen (4. & 5. OG): Zwei unterschiedliche Wohnkonzepte – kompakte Einheiten für junge Bewohner*innen und großzügige Apartments für Familien.
- Urban Farming (Dach): Ein grüner Garten, wo Bewohner*innen Obst und Gemüse anbauen und gleichzeitig ein nachhaltiges Mikroklima schaffen.
„Wir wollten nicht nur Wohnraum schaffen, sondern ein Umfeld, das die Lebensqualität nachhaltig verbessert.“ – Maximilian Beck
Architektonische Transformation & Raumdesign
Der Umbau des Parkhauses wurde mit minimalen Eingriffen realisiert. Das massive Betonskelett bleibt erhalten, ergänzt durch eine Pfosten-Riegel-Fassade aus Holz und Glas, die für Licht, Belüftung und thermische Dämmung sorgt. Die bestehende Neigung der Parkdecks wurde in den Wohnbereichen ausgeglichen, um angenehme und gut nutzbare Raumhöhen zu schaffen.
Doch besonders spannend wird es im Inneren:
PD4 – Kleine Wohneinheiten für eine neue Wohnkultur
Die kleineren Wohneinheiten auf Parkdeck 4 setzen auf smarte Raumorganisation:
- Zonen statt Räume: Ein fließendes Wohnkonzept teilt den Wohnraum in „Ankommen“, „Wohnen“ und „Zurückziehen“.
- Glasbausteine als Trennelemente: Sie schaffen Struktur ohne dunkle Ecken, lassen Licht durch und erhalten ein offenes Raumgefühl.
- Individuelle Farbgestaltung: Der Eingangsbereich jeder Wohnung ist in einer der aktuellen NCS Trendfarben gehalten – jede Einheit erhält so ihren eigenen Charakter.
- Möbel als Raumtrenner: Einbauschränke und multifunktionale Elemente ersetzen klassische Wände und maximieren den verfügbaren Platz.
- Balkone als private Oasen: Die Wohnungen verfügen über einen schmalen Balkon, der von der neuen Fassade gebildet wird.
„Das Design sollte funktional, minimalistisch und anpassbar sein. Die Räume sind flexibel und schaffen ein neues Wohngefühl.“ – Eduardo Mijailovic
PD5 – Exklusive Wohneinheiten mit ikonischem Design
Die größeren Wohnungen im 5. Obergeschoss folgen einem völlig anderen Ansatz. Jede Einheit ist inspiriert von berühmten Designklassikern und den Handschriften großer Architekt*innen:
- Charles & Ray Eames: Möbel mit klaren Linien, warme Holztöne und minimalistische Funktionalität.
- Le Corbusier: Geometrische Raumaufteilungen mit markanten Materialien, kombiniert mit zeitlosen Sitzmöbeln wie dem LC2-Sofa.
- George Nelson: Elegante Mid-Century-Einflüsse, offene Regale und Möbel, die den Raum prägen.
Die Wohnungen bieten großzügige Flächen für Familien, lichtdurchflutete Räume mit großen Fensterfronten zur Stadt und zum Donaukanal, sowie ein individuelles Farb- und Materialkonzept aus Beton, Glas, Holz und Naturstein.
Ein Vorbild für nachhaltige Stadtentwicklung
Mit small City setzen Beck und Mijailovic ein klares Zeichen: Zukunftsfähige Architektur bedeutet nicht immer Neubau. Ihr Projekt beweist, dass Re-Use ein Schlüssel zu nachhaltiger Stadtentwicklung ist – mit weniger Ressourcenverbrauch, weniger CO₂-Emissionen und mehr sozialer Qualität.